Andi Schmidbauer schreibt für Sie:
Wollen Sie nun eine Quittung oder wollen Sie keine?
„Wollen Sie nun eine Quittung oder wollen Sie keine?“. Der Tatort: eine Packstation. Die Beteiligten: Eine junge Frau, mit Handy, und ich, mit Ungeduld. Hinter mir, in einer Schlange, mehrere Personen, die ebenfalls an die Packstation wollen.
Ich habe in 10 Minuten einen Termin drei Straßen weiter, will jedoch vorher noch rasch ein Päckchen abholen. Seit „gefühlten“ mindestens drei Minuten ist die junge Frau dabei, eine Paketmarke zu erwerben, was sich aus meiner Sicht vor allem deswegen so schwierig gestaltet, weil sie nebenbei eifrig mit Ihrem Smartphone beschäftigt ist – mit dem Schreiben diverser Nachrichten.
Die Wartezeit nutzen meine Gedanken und machen sich, selbstverständlich ohne meine Erlaubnis, selbständig: „Ah, wieder so eine… Wahrscheinlich teilt sie der Welt gerade über Facebook mit, dass sie eine Paketmarke kauft. Hat scheinbar sonst nichts zu tun als hier den Betrieb aufzuhalten. Ist ja typisch…“.
Auf dem Bildschirm an der Packstation erscheint die Frage: „Wollen Sie eine Quittung? Ja / Nein.“. Die Frau tippt weiter Ihre Nachricht.
Vermutlich ist Ihnen spätestens jetzt klar, WER den Eingangssatz dieses Textes sagt, und das Ganze auch noch in einem ziemlich genervten Ton. Die Reaktion ist entsprechend: „Mein Gott, das waren jetzt doch nur zwei Minuten, jetzt haben Sie sich doch nicht so...“.
Es entspinnt sich eine kurze Diskussion – aus der Rubrik: „Beispiele wie man(n) besser nicht kommuniziert“.
Hinterher frage ich mich: „Wie kann dir so etwas – nach über 13 Jahren GFK – passieren?“ Und auch: „Was kannst du tun, damit das nicht mehr passiert?“.
Ein Zwiegespräch mit mir selbst bringt Aufklärung: Ich hätte merken können, auf welchen (Ab-)Wegen ich wandele, denn mein Körper hatte es mir vor der Packstation signalisiert: Ich fühlte mich zunehmend unwohl – und das hatte ich eigentlich schon bemerkt. Grund dafür war mein Anliegen bei meinem Termin verlässlich zu sein.
Ich nehme mir also vor, mich zukünftig in Wartesituationen genauer zu beobachten und körperlichen Empfindungen mehr Raum zu geben. Indem ich meinen Gefühlen Aufmerksamkeit schenke, kann ich die zugrunde liegenden Bedürfnisse leicht erkennen und sie ernst nehmen – ganz oft verschwindet der vorher verspürte Druck, die Nervosität oder die Ungeduld und macht einem Eindruck von Verständnis für mich und sogar Entspannung Platz.
So stehen mir die anderen Möglichkeiten meinen Frust anzusprechen wieder zur Verfügung und ich bin einen Schritt weiter im Programm zur Verschönerung meines Lebens.
Andi Schmidbauer ist ebenfalls Autor von Beiträgen zu GFK und zu Mediation in Fachbüchern und Fachzeitschriften, zuletzt:
»(Nicht mehr) recht haben müssen – Erforschen der Gefühle und Bedürfnisse aus Sicht der GFK«, Beitrag in: Konflikte lösen in Teams und großen Gruppen S. 178-184 (managerSeminare Verlags GmbH, 2012).